Prinzipien der Mediation
Mediation als alternative Konfliktlösung
Vertraulichkeit und Verschwiegenheit
Mediation als alternative Konfliktlösung
In meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin erlebe ich immer wieder, dass Mandanten mit dem Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens hadern. Sehr oft ist ein gerichtliches Verfahren derart belastend, dass viele neue Verletzungen hinzukommen und vorhandene Gräben vertiefen. Das juristische Ende einer Auseinandersetzung wird häufig nicht als positiver Abschluss der Konfliktbearbeitung erlebt und führt damit auch nicht zu einer Erleichterung. Wer nicht die Gelegenheit bekommen hat, das anzusprechen, was ihm eigentlich auf dem Herzen liegt, bleibt weiterhin belastet. Wer das Gefühl hat, nicht verstanden worden zu sein, kann nicht abschließen und nicht in eine neue Zukunft blicken.
Wer es aber schafft, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, die jeweiligen Sichtweisen auszutauschen und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln, hat schon ein gutes Stück des Weges geschafft. Wenn das Verständnis für die Sichtweise des anderen noch dazu führt, die eigenen Positionen zu überdenken, dann ist eine gemeinsame Lösung in Sicht.
Mediation ist getragen von dem Gedanken, dass jede Meinung ihre Berechtigung hat und Verständnis verdient. Damit ist die Haltung in der Mediation angesprochen. Eine übergeordnete Rolle kommt der Haltung des Meditors zu, also seiner innerlich eingenommenen Position, allen Beteiligten gleichermaßen seine Wertschätzung und Empathie entgegenzubringen, damit sich alle Beteiligten verstanden fühlen. Aber auch auf Seiten der Medianten ist eine bestimmte Haltung notwendig. Diese Haltung ergibt sich aus den Prinzipien der Mediation.
Nach § 1 Abs. 1 Mediationsgesetz (MediationsG) ist die Mediation ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.
Die einzelnen Prinzipien der Mediation werden nachfolgend erläutert.
Zur Struktur des Verfahrens: siehe Abschnitt: "Fachgebiet Mediation" - "Ablauf der Mediation".
Konsensbereitschaft (Anstreben der Konfliktbeilegung)
Das Bestreben, einen Konsens zu finden (Konsensbereitschaft), ist eine grundlegende Voraussetzung für das gesamte Mediationsverfahren. Mit einem Menschen, der nicht bereit ist, auf einen anderen Menschen zuzugehen und sich mit ihm an einen Tisch zu setzen, kann ein Mediationsverfahren nicht stattfinden. Die Frage der Konsensbereitschaft hängt deshalb auch eng mit einem weiteren Grundsatz der Mediation zusammen, der "Freiwilligkeit". Anders als im gerichtlichen Verfahren kann niemand mit einem Ordnungsgeld gezwungen werden, zu einer Mediation zu erscheinen, was auch nicht zielführend wäre.
Mit der Konsensbereitschaft gehen weitere Prinzipien der Mediation einher:
- Offenheit
- Fairness
- Lösungsorientierung
Die Gründe, warum manche Menschen diese Eigenschaften nicht mitbringen und sich nicht auf ein Mediationsverfahren einlassen möchten, sind vielfältig und liegen meist tief im Inneren vergraben. Häufig verbergen sich Unsicherheit und Angst vor Ablehnung oder vor einer Niederlage dahinter. Unsicherheit und Angst führen oftmals dazu, dass es an der "Selbstbestimmtheit" fehlt, einem weiteren Grundsatz der Mediation. Unsichere Menschen ziehen sich lieber zurück und geben die Verantwortung aus der Hand. Sie ziehen es vor, anderen Menschen die Lösung ihres Konflikts zu überlassen, bei rechtlichen Konflikten also Rechtsanwälten und Richtern.
In diesen Fällen bietet es sich an, mit einem eigenen Rechtsanwalt an der Seite an einem Mediationsverfahren teilzunehmen. Der Rechtsanwalt vertritt nur die Interessen seines Mandanten und berät ihn während des laufenden Mediationsverfahrens und vor allem vor Abschluss der Abschlussvereinbarung. Auch wenn hier Kosten für den Mediator und Kosten für den Rechtsanwalt anfallen, ist dieses Vorgehen einem Gerichtsverfahren vorzuziehen, nicht nur weil Gerichtskosten eingespart werden.
Freiwilligkeit
Freiwilligkeit bezüglich der Einleitung des Verfahrens
Ein weiteres Prinzip der Mediation ist die Freiwilligkeit. Sie stellt sicher, dass die Beteiligten ohne äußeren Zwang an einer Mediation teilnehmen. Sie entscheiden selbst, ob, wann und mit welchem Mediator sie ein Mediationsverfahren durchführen möchten. Auch dieses Kriterium unterscheidet das Mediationsverfahren vom Gerichtsverfahren. Dort hat der Beklagte hat keine Entscheidungsbefugnis bezüglich der Einleitung des Verfahrens.
Die Freiwilligkeit bleibt auch während des Mediationsverfahrens bestehen. § 2 Abs. 5 S. 1 MediationsG sieht vor, dass die Beteiligten das Mediationsverfahren jederzeit beenden können. Sie können also nicht gezwungen werden, eine einmal begonnene Mediation bis zum Ende durchzuführen.
Freiwilligkeit bezüglich der Abschlussvereinbarung
Auch zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Abschlussvereinbarung muss Freiwilligkeit gegeben sein. Im Gegensatz zu einem Kompromiss kann ein Konsens nur erreicht werden, wenn er von beiden Seiten gewollt ist. Kompromisse sind durch Resignation geprägt, die in der Annahme abgeschlossen werden, keine andere Wahl mehr zu haben. Es bleibt das ungute Gefühl, dass das Ergebnis besser hätte ausfallen können. Dahingegen werden bei der Erzielung eines Konsenses alle alternativen Möglichkeiten ausgelotet, weshalb am Ende die Überzeugung steht, dass es kein besseres Ergebnis gibt. Auch wenn die Beteiligten einer Mediation von ihren Maximal-Forderungen Abstriche machen müssen, sind sie am Ende dennoch mit dem erzielten Ergebnis einverstanden, weil sie sehen, in welchem Rahmen die Entscheidung möglich ist und wo der Nutzen für sie liegt. Dann entsteht eine "win-win-Situation", bei der beide Verhandlungspartner auch die Interessen ihres Gegenübers ausreichend berücksichtigen und einen ausgewogenen Interessenausgleich zustande bringen.
Eigenverantwortlichkeit
Eigenverantwortlichkeit oder Selbstverantwortlichkeit ist eine weitere Voraussetzung für ein gelingendes Mediationsverfahren. Eigenverantwortlichkeit bedeutet, dass die Beteiligten ihre Lösung inhaltlich selbst entwickeln und sich die Rolle des Mediators darauf beschränkt, das Verfahren durchzuführen und die Parteien in der Verhandlungsführung und bei der Konfliktlösung zu unterstützen. Die Eigenverantwortlichkeit der Medianten bezieht sich dabei auf die folgenden Aspekte:
- Übernahme der Verantwortung für den eigenen Beitrag zum Entstehen des Konflikts,
- Übernahme der Verantwortung für die Bereitschaft zur Klärung des Konflikts,
- Übernahme der Verantwortung für die Herbeiführung einer Einigung,
- Übernahme der Verantwortung für das gefundene Ergebnis
Fällt es den Beteiligten schwer, eigene Ideen zur Lösung des Konflikts zu entwickeln, unterstützt sie der Mediator mit Denkanstößen. Der Mediator gibt Anregungen und Hinweise, nimmt aber selbst keinen inhaltlichen Einfluss auf die Konfliktlösung. Erwarten die Medianten vom Mediator eine Bewertung der Sach- oder Rechtslage, ist zu differenzieren: Soll der der Mediator den Beteiligten lediglich ein objektives Kriterium liefern, an dem sie selbst ihre Lösungsfindung orientieren können, dann liegt eine zulässige Hilfestellung vor. Soll der Mediator aber selbst eine Lösung vorschlagen, kann eine unzulässige Einflussnahme vorliegen. Die Grenzen sind fließend. Entscheidend ist, dass den Medianten stets bewusst ist, dass es im Mediationsverfahren außer ihnen niemanden gibt, der über eine Entscheidungsbefugnis verfügt, weshalb die Verantwortung für die Bearbeitung des Konflikts und die Herbeiführung der Lösung alleine bei ihnen liegt.
Der Vorteil der Mediation liegt gerade in einer selbst gefundenen Lösung des Konflikts. Kein anderes Verfahren garantiert in vergleichbarer Weise, dass am Ende eine Regelung steht, die den Interessen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen beider Seiten am besten entspricht und deshalb auch vorbehaltslos akzeptiert wird und eine nachhaltige Wirkung entfaltet.
Vertraulichkeit und Verschwiegenheit
Nichtöffentliches Verfahren
Im Gegensatz zu einem öffentlichen Gerichtsverfahren nehmen an einem Mediationsverfahren nur die Beteiligten und der Mediator teil.
Vertraulichkeit
Die Vertraulichkeit dient dem Schutz der Beteiligten. Sie stellt einen geschützten Rahmen auf, innerhalb dessen sich die Beteiligten bewegen können. Die Vertraulichkeit stellt sicher, dass die Beteiligten die Informationen, die sie in der Mediation erlangen, nicht nach außen weitertragen und auch nicht in einem anschließenden Gerichtsverfahren verwenden dürfen.
Die Vertraulichkeit ist eine elementare Voraussetzung für eine erfolgversprechende Mediation. Vertraulichkeit und Vertrauen stehen in einer Wechselwirkung. Vertrauen ist die Basis für eine offene Kommunikation und Kooperation. Bei einem bestehenden Konflikt ist es indessen nicht einfach, das gegenseitige Vertrauen für die Konfliktbearbeitung zu erreichen. Nur wenn Vertraulichkeit zugesichert ist, kann Vertrauen entstehen.
Vertraulichkeit und Eigenverantwortlichkeit
Der Gesetzgeber kann zwar die Vertraulichkeit anordnen, nicht aber das Vertrauen. Das Vertrauen bleibt in der eigenen Verantwortung eines jeden Beteiligten und hängt deshalb eng mit dem weiteren Grundsatz der Mediation "Eigenverantwortlichkeit" zusammen. Ob ein Beteiligter Vertrauen aufbringt und sich auf eine offene und ehrliche Kommunikation einlassen kann, kann er nur alleine entscheiden. Denn nur er alleine trägt die Verantwortung dafür und damit ggf. auch für das Gelingen der Mediation.
Gerichtsverfahren gelingen immer, weil stets eine gerichtliche Entscheidung ergeht. Für das Gericht spielt es aber keine Rolle, ob seine Entscheidung Akzeptanz findet oder den Konflikt bereinigt. Das Mediationsverfahren hat hingegen zum Ziel, den Konflikt zu lösen. Das Mediationsverfahren beruht auf der Verantwortlichkeit für das eigene Handeln. Wenn Medianten schweigen, weil sie nicht offen sind, dann ist ihnen das zuzugestehen. Es ist keine Frage von Schuld, wenn eine Mediation aus diesen Gründen scheitert. Schließlich kann auch kein Gesetz und kein Mediator garantieren, dass Offenheit und Vertrauen zur Lösung des Konflikts führen. Daher sind es die Beteiligten selbst, die sich entscheiden müssen, inwieweit sie sich öffnen und sich dabei im Klaren sein, dass auch Offenheit keine absolute Garantie für einen erfolgreichen Abschluss des Verfahrens ist.
Verschwiegenheit des Mediators
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 MediationsG ist der Mediator von Gesetzes wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtung gilt aber nicht für die Medianten oder dritte bei der Mediation anwesende Personen. Um aber alle Teilnehmer in die Verschwiegenheitsverpflichtung einzubeziehen, verpflichten sich diese im Mediationsvertrag ebenfalls zur Verschwiegenheit. Weiterhin vereinbaren die Beteiligten im Mediationsvertrag Regelungen über die Verwertung von Zeugenbeweisen und die Verwertung von Unterlagen zur Wahrung der Vertraulichkeit.
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