Erbrecht

Erbrechtliche Mediation

Konflikthaftigkeit von Erbangelegenheiten

Bedeutung der Mediation im Erbrecht

Nachlassplanung und Nachfolgeplanung

Mediation nach Eintritt des Erbfalls

Elder Mediation

 

Konflikthaftigkeit von Erbangelegenheiten

Besondere emotionale Dynamik in Familien

Konflikte und Streit gehören zum menschlichen Zusammenleben dazu. Menschen haben verschiedene Persönlichkeiten und unterschiedliche Vorstellungen. Bei einer Meinungsverschiedenheit treffen divergierende Sichtweisen aufeinander. Es liegt kein Fehlverhalten einer Person zugrunde. Für die künftigen Beziehungen ist es sehr wichtig, mit einem aufgetretenen Konflikt gut umzugehen und offen für den Blickwinkel des anderen zu sein. Unterschiedliche Perspektiven können sehr bereichernd sein, wie sich oft bei der Lösungsfindung in der Mediation zeigt. Innerhalb einer Familie besteht eine besondere emotionale Dynamik, weil Familienmitglieder von Geburt an miteinander verbunden sind und die Beziehungen in einer Zeit begründet wurden, die nicht mehr bewusst ist, aber eine große Kraft entfaltet.

Der Erbfall als konfliktträchtige Ausnahmesituation

Erbangelegenheiten sind oft sehr konfliktträchtig. Der Erbfall stellt für die Hinterbliebenen eine emotionale Ausnahmesituation dar, in der es nur wenige schaffen, die Nachlassangelegenheiten mit genügend Distanz anzugehen. Zu diesem emotionalen Ausnahmezustand kommen noch die bereits vorhandenen Konfliktpotentiale hinzu. Oftmals entladen sich dann die aufgestauten Spannungen. Insbesondere wenn sich ein Familienmitglied vom Erblasser ungerecht behandelt oder nicht genügend wertgeschätzt fühlt, drohen schwerwiegende, jahrelange Konflikte. Kommt zu dem Gefühl der Enttäuschung noch der Neid auf ein anderes Familienmitglied dazu, dann kann der Erbfall vorhandene Gräben vertiefen oder neue schaffen. Daraus resultiert sodann eine fehlende Einigungsbereitschaft der Betroffenen. Meist sind dann außerordentlich belastende und kostenintensive Erbstreitigkeiten vor Gericht unausweichlich. An diesen Streitigkeiten zerbrechen immer wieder ganze Familien.

Handlungsbedarf des Erblassers

Der Erblasser kann viel dafür tun, damit die Lage nach seinem Tod nicht eskaliert. Der Erblasser hat das Recht, sein Vermögen nach seinen eigenen Vorstellungen zu verteilen. Dennoch hat jeder vom Erbfall Betroffene seine eigene Vorstellung von "Gerechtigkeit". Deshalb erweist es sich als außerordentlich friedensstiftend für die Zeit nach Eintritt des Erbfalls, wenn der Erblasser seine Vorstellungen mit den Betroffenen abgleicht und mit ihnen eine offene Kommunikation pflegt.

Daher ist es dringend zu empfehlen, dass der Erblasser vor der Errichtung eines Testaments seinen letzten Willen mit seinen Familienmitgliedern bespricht, ihre Erwartungen in Erfahrung bringt und ihnen seine Entscheidung erläutert. Wissen die Erben schon im Vorfeld, was im Erbfall auf sie zukommt und kennen sie die Motivation des Erblassers, dann haben sie Zeit, sich darauf einzurichten und müssen nach dem Erbfall nicht auf die Testamentseröffnung warten, was sehr entlastend sein kann.

Familiengespräche mit Hilfe eines Mediators

Vielen Menschen, insbesondere älteren und schwächeren Menschen, fällt es sehr schwer, schwierige Themen mit ihren Angehörigen zu besprechen. Allenfalls verlassen sie sich auf Aussagen und Empfehlungen von dritten Personen (Banken, Steuerberatern, Maklern, etc.) ohne deren Empfehlungen daraufhin zu prüfen, ob diese ihren eigenen Vorstellungen wirklich entsprechen. Aus diesem Grund bleiben häufig bis zuletzt viele Fragen ungeklärt. Aufgrund der steigenden Zahl der Erbfälle haben sich immer mehr Rechtsanwälte und Gerichte mit Erbstreitigkeiten zu befassen. Indessen führen Gerichtsprozesse regelmäßig nicht zum Familienfrieden, weil es hier nur Gewinner und Verlierer gibt. Deshalb ist es dringend anzuraten, mit einer außenstehenden Person die notwendigen Gespräche zur Regelung der Erbangelegenheiten zu führen. Dazu sollte ein Mediator beauftragt werden, der es gut versteht, zwischen den Beteiligten zu vermitteln.

Anordnung der Mediation im Testament

Für den Fall, dass eine Mediation vor dem Ableben des Erblassers nicht mehr möglich ist, kann der Erblasser in seinem Testament im Wege einer Auflage anordnen, dass die Beteiligten die Regelung der Nachlassangelegenheit vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zuerst unter Anleitung eines unabhängigen Mediators versuchen sollen.

 

Bedeutung der Mediation im Erbrecht

Nachteile des gerichtlichen Verfahrens

Gerade im Erbrecht hat sich die Mediation als ein sehr erfolgreiches Verfahren bewährt. Im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren ist das Mediationsverfahren ein mündliches Verfahren. Bei Gericht kommt es nach langem Schriftwechsel zwar meistens auch noch zu einer mündlichen Verhandlung, jedoch können die Beteiligten dort nicht das vorbringen, was ihnen eigentlich auf dem Herzen liegt. Das Gerichtsverfahren läuft auf der rein sachlichen Ebene in juristischen Kategorien ab. Das Gericht trifft eine Entscheidung zugunsten der einen oder der anderen Partei. Daher gibt es hier immer Gewinner und Verlierer, was sich auf der Beziehungsebene negativ auswirkt. Selbst wenn vor Gericht ein Vergleich abgeschlossen wird, sind die Beteiligten nachher meist mit dem Ergebnis nicht zufrieden, weil viele ihrer Punkte gar nicht gesehen wurden. Hinzu kommt die Komplexität des Erbrechts, weshalb oft falsche Vorstellungen von den Rechten und Pflichten der Beteiligten bestehen. Auch aus diesem Grund kann ein Gerichtsurteil manchmal sehr ernüchternd ausfallen. Letztlich kosten gerichtliche Streitigkeiten viel Zeit und Nerven und führen meist nicht zu einem guten Ende. Das Familienklima ist dauerhaft zerstört.

Vorteile des Mediationsverfahrens

Streitigkeiten unter Erben und Streitigkeiten mit Pflichtteilsberechtigten, die von der Erbfolge ausgeschlossen wurden, haben ihre Ursache selten auf der sachlichen Ebene. Bei Erbstreitigkeiten zeigt sich immer wieder, dass die emotionale Ebene nicht geklärt ist. Im Gegensatz zum Richter fällt der Mediator kein Urteil. Vielmehr übernimmt der Mediator die Moderation des Gesprächs und leitet die Beteiligten dazu an, ihre eigene Lösung zu finden. Jeder Betroffene kann seine Sicht der Dinge darlegen. Mit einem konstruktiven Gespräch können alle Seiten nur gewinnen. Der Mediator achtet darauf, dass sich die Beteiligten gegenseitig zuhören und dass die eigentlichen Konfliktpunkte aufgedeckt werden. Auf diese Weise können viele verschiedene Aspekte betrachtet und gegenseitiges Verständnis gewonnen werden. Wenn die Beteiligten ihrem Ärger Luft machen können und es gelingt, die emotionalen Konflikte zu bewältigen, ist der Weg frei für eine harmonische Klärung der sachlichen Fragen, die dann meist auch sehr schnell erfolgt. Nach einem erfolgreichen Abschluss der Mediation entwirft der Anwalts-Mediator eine Abschlussvereinbarung, mit der die Erbangelegenheit abschließend rechtsverbindlich geregelt wird.

 

Nachlassplanung und Nachfolgeplanung

Streitvermeidung durch lebzeitige Planung

Die beste Möglichkeit, einen Streit im Erbfall zu vermeiden, ist die rechtzeitige Nachlass- und Nachfolgeplanung zu Lebzeiten. Das gilt nicht nur für Unternehmer, die ihr Lebenswerk in die richtigen Hände übergeben möchen, sondern für jede Art der Vermögensübergabe. Der Erblasser kann schon zu Lebzeiten im Wege einer Mediation mit den künftigen Erben eine gemeinsame Regelung für das künftige Erbe treffen. Es stellt für den Erblasser meist eine große Erleichterung dar, wenn er weiß, dass alles geregelt ist und nach seinem Ableben keine Streitigkeiten unter seinen Kindern zu erwarten sind.

Nachlassplanung

Die lebzeitige Nachlassplanung kann Streitigkeiten beim Erbfall und die Zerstörung von menschlichen Beziehungen vermeiden. Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge können Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten übertragen werden. Dabei treten oftmals unterschiedliche Interessen der Familienmitglieder zutage. Mit Hilfe eines Mediators kann eine ausgewogene Regelung im Interesse aller erfolgen. Bei der vorweggenommenen Erbfolge kommen meist die folgenden Aspekte zum Tragen:

  • Übertragung von Vermögenswerten,
  • Ausnutzung von steuerlichen Freibeträgen,
  • Absicherung des Übergebers (durch Wohnrecht oder Nießbrauch),
  • Gleichbehandlung von Geschwistern: Ausgleichszahlungen für früher erhaltene Zuwendungen

 Nachfolgeplanung in Unternehmen

Insbesondere bei der Unternehmensnachfolge ist es enorm wichtig, Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden. Nur ganz wenigen Unternehmen gelingt die Übergabe in die dritte Generation. Der Grund liegt darin, dass sich in einem Familienunternehmen drei Systeme (Familiensystem, Unternehmenssystem und Vermögenssystem) überlagern, in denen in unterschiedlichen Kategorien gedacht und gehandelt wird. Beispielsweise geht es in der Unternehmenswelt um Rollen und Funktionen, die austauschbar sind. In der Familie ist aber niemand ersetzbar. Dies bedeutet im Hinblick auf Erbschaftsangelegenheiten, dass das, was für ein Familienmitglied am besten ist, noch lange nicht die sinnvollste Lösung für den Fortbestand des Unternehmens sein muss. Solche dynamischen Prozesse begleitet der Mediator. Er lenkt den Blick vom Trennenden auf das Gemeinsame. Unter seiner Anleitung wird zunächst das Ziel der Nachfolgeregelung erarbeitet und sodann die erforderlichen Schritte zur Erreichung des Ziels. Wenn das Ergebnis gefunden ist, wird dieses durch entsprechende Verträge rechtlich abgesichert.

 

Mediation nach Eintritt des Erbfalls

Hat es der Erblasser versäumt, seine Angehörigen zu Lebzeiten über seinen letzten Willen zu informieren, entsteht nicht selten Streit bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft oder bei der Auszahlung des Pflichtteils an einen enterbten Angehörigen. Eine gerichtliche Auseinandersetzung kann sich über viele Jahre hinziehen, in denen keiner der Erbe an das Vermögen kommt. Zudem kostet das Gerichtsverfahren je nach Dauer des Verfahrens und je nach Höhe der Erbschaft unter Umständen hohe Anwalts- und Gerichtsgebühren. Daher vergeben sich die Erben nichts, wenn sie sich in ein Mediationsverfahren begeben bevor der Konflikt eskaliert. Im Falle des Scheiterns haben die Erben nur Zeit und Geld für den Aufwand des Mediators investiert, aber selbst dabei noch wichtige Erkenntnisse gewonnen. Die Erben können vereinbaren, dass die Kosten für die Mediation anteilig tragen oder vom Nachlass bezahlen.

 

Elder Mediation

Elder Mediation (Mediation mit älteren Menschen) richtet sich an ältere Menschen und ihr Umfeld und dient einem fairen und respektvollen Umgang miteinander. Aufgrund der demographischen Entwicklung stehen den Personen, die ihr Arbeitsleben beenden, oft noch viele gesunde Lebensjahre bevor, in denen eine Balance zwischen aktiver Lebensgestaltung und Altersrückzug gefunden werden muss. In dieser Phase nehmen die Scheidungen langer Ehen zu. Daher gilt es, Fragen auf persönlicher Ebene zu klären, wie zum Beispiel die Beziehung zum Ehepartner, zu Freunden und zur Familie und das Miteinander neu zu gestalten. Die spätere Lebensphase ist sodann durch das Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und Fürsorge geprägt. Typischerweise handelt es sich um die folgenden Fragestellungen:

  • Ängste vor dem Alter (Verlust von Ansehen und Prestige)
  • neue Lebensentwürfe beim Übergang in den Ruhestand
  • Paarkonflikte beim Übergang in den Ruhestand
  • Sorge- und Kontrollbedürfnis der Kinder
  • ungeklärte Familienkonflikte
  • Fahrtüchtigkeit im Straßenverkehr
  • Wohnen und tägliche Versorgung
  • Erkrankung und medizinische Versorgung
  • Pflegebedürftigkeit und Pflege
  • häusliche und stationäre Pflege
  • gerechte Gestaltung der Fürsorgearbeit
  • Errichtung von Testamenten
  • Errichtung von Vorsorgevollmachten
  • Errichtung von Patientenverfügungen
  • Einrichtung einer Betreuung

 

Achtung: Diese Informationen sind der Übersichtlichkeit halber bewusst knapp gehalten. Sie stellen keine verbindliche Rechtsauskunft dar und ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall. Obwohl sie mit größter Sorgfalt erstellt wurden, wird für ihre Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität keine Haftung übernommen.

 

 
Ute Wunsch, Wunsch Kanzlei, Fachanwalt Familienrecht, Böblingen, Scheidungsanwalt, Scheidung

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