Testament und Erbvertrag
Testament, Erbvertrag und Erbverzicht
Verträge unter Lebenden für den Todesfall
Gesetzliche Erbfolge
Gesetzliche Erben
Mit dem Tod eines Menschen tritt gem. § 1922 Abs. 1 BGB der Erbfall ein. Mit dem Erbfall geht das Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (Erben) über. Hat der Erblasser nicht etwas anderes bestimmt durch Testament oder Erbvertrag, so bestimmt sich die Erbfolge nach dem Gesetz (gesetzliche Erbfolge). Als gesetzliche Erben kommen in Betracht:
- Verwandte gem. §§ 1924 bis 1929 BGB
- Ehegatte gem. § 1931 BGB
- Lebenspartner gem. § 10 LPartG (für nicht in Ehen umgewandelte Lebenspartnerschaften)
- Staat gem. § 1936 BGB
Erbfolge nach Ordnungen
Das deutsche Erbrecht ist als Familienerbrecht (Verwandte und Ehegatte/Lebenspartner) ausgestaltet. Die Erbfolge der Verwandten richtet sich gem. § 1930 BGB nach Ordnungen. Verwandte der näheren Ordnung schließen weiter entfernte Verwandte aus. Das Gesetz nennt die folgenden Ordnungen:
- § 1924 Abs. 1 BGB: Erben erster Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers: Kinder, Enkel, etc.
- § 1925 Abs. 1 BGB: Erben zweiter Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister)
- § 1926 Abs. 1 BGB: Erben dritter Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Tanten und Onkels)
Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
Neben den Verwandten besteht ein gesetzliches Erbrecht des Ehegatten gem. § 1931 Abs. 1 BGB und des Lebenspartners gem. § 10 Abs. 1 LPartG. Dieses Erbrecht setzt voraus, dass die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit dem Erblasser bestand. Wurde sie vorher durch Aufhebung der Ehe gem. §§ 1313 ff. BGB, durch Scheidung der Ehe gem. § § 1564 ff. BGB oder durch Aufhebung der Lebenspartnerschaft gem. § 10 Abs. 3 LPartG beendet, ist das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten/Lebenspartners entfallen und damit auch sein Pflichtteilsrecht.
- § 1931 Abs. 1 und 2 BGB regelt die Erbenstellung des Ehegatten zunächst unabhängig vom gesetzlichen Güterstand. Die Höhe des Erbteils des Ehegatten hängt davon ab, welche Verwandten neben dem Ehegatten als weitere gesetzliche Erben vorhanden sind. Vom Prinzip her ist der Erbteil des Ehegatten umso größer je weiter entfernt die Verwandten des Erblassers sind. Der Gesetzgeber gab insofern der engen persönlichen Beziehung aus der Ehe den Vorrang vor der Beziehung zur weiteren Verwandtschaft. Der Erbteil des Ehegatten beträgt danach:
- neben Verwandten der ersten Ordnung: 1/4
- neben Verwandten der zweiten Ordnung: 1/2
- neben Großeltern: 1/2 zuzüglich des Teils, der an Abkömmlinge von Großeltern fallen würde
- neben entfernteren Verwandten: 1/1 (der Ehegatte erbt alleine)
Erbt der Ehegatte neben den Verwandten, so bildet er zusammen mit ihnen eine Erbengemeinschaft.
Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand, der dann gilt, wenn die Ehegatten nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Ehegatten den Zugewinn während der Ehe gemeinsam erwirtschaftet haben und deshalb gleichmäßig daran teilhaben sollen. Daher ist der Zugewinn bei Beendigung des Güterstands auszugleichen.
Auch wenn heute etwa schon ein Drittel aller Ehen geschieden wird, erfolgt die Auflösung der Ehe durch Tod häufiger. In diesem Fall erfolgt der Ausgleich des Zugewinns nicht durch konkrete Berechnung, sondern pauschal: Der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten beträgt gem. § 1931 Abs. 1 BGB ein Viertel neben Verwandten der ersten Ordnung. Dieser wird nach § 1371 Abs. 1 BGB um weiteres ein Viertel für den pauschalen Zugewinnausgleich erhöht, so dass der Ehegatte insgesamt die Hälfte erbt (erbrechtliche Lösung). Der pauschale Zugewinn im Falle der Auflösung der Ehe durch Tod ist allerdings nicht zwingend gesetzlich vorgeschrieben. Vielmehr hat der Ehegatte das Wahlrecht zwischen der erbrechtlichen Lösung und der güterrechtlichen Lösung.
Den güterrechtlichen Ausgleich kann der Ehegatte verlangen, wenn er nach § 1942 Abs. 1 BGB sein gesetzliches oder testamentarisches Erbrecht ausschlägt. Die Ausschlagung des Erbes hat zur Folge, dass der Ehegatte nicht Erbe wird. Deshalb kann er nach § 1371 Abs. 2 BGB den güterrechtlichen Ausgleich verlangen. Daneben hat der Ehegatte nach § 1371 Abs. 3 BGB im Falle der Ausschlagung des gesetzlichen Erbes Anspruch auf den Pflichtteil.
Will der überlebende Ehegatte die wirtschaftlich günstigere Lösung herausfinden, so muss er den Zugewinn beider Ehegatten und den sich daraus ergebenden Zugewinnausgleichsanspruch berechnen. Die güterrechtliche Lösung kann in den folgenden Fällen vorteilhafter sein:
- der güterrechtliche Zugewinnausgleich ist zusammen mit dem Pflichtteil höher als der erhöhte gesetzliche Erbteil in Höhe von insgesamt der Hälfte des Nachlasses
- der überlebende Ehegatte hat an erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, die nicht aus der gemeinsamen Ehe stammen, aus dem zusätzlichen Viertel Ausbildungsansprüche zu zahlen
- der überlebende Ehegatte legt keinen Wert auf eine Beteiligung am Nachlass, sondern bevorzugt Geldansprüche
Allerdings hat die güterrechtliche Lösung für den überlebenden Ehegatten die folgenden Nachteile:
- Verlust des Rechts auf den Voraus nach § 1932 BGB (Haushaltsgegenstände und Hochzeitsgeschenke)
- kein Anrecht auf Gegenstände aus dem Nachlass mangels Beteiligung am Nachlass
Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten bei Gütertrennung
Im vertraglich vereinbarten Güterstand der Gütertrennung ist § 1371 BGB (pauschalierter Zugewinnausgleich) nicht anwendbar. Hier bleibt es grundsätzlich bei dem gesetzlichen Erbteil des Ehegatten gem. § 1931 Abs. 1 BGB. Wenn der überlebende Ehegatte allerdings neben einem oder zwei Kindern erbt, erbt er nicht nur das gesetzliche Viertel, sondern nach § 19321 Abs. 4 BGB zu gleichen Anteilen. Also neben einem Kind zu 1/ und neben zwei Kindern zu 1/3.
Nachteile des gesetzlichen Ehegattenerbrechts
Die gesetzliche Erbfolge entspricht oftmals nicht dem Willen des Erblassers. Sie kann folgende Nachteile haben:
- Der überlebende Ehegatte und die Kinder des Erblassers bilden eine Erbengemeinschaft und können nur gemeinsam über den Nachlass verfügen. Mit Ausnahme des Voraus nach § 1932 BGB (Haushaltsgegenstände und Hochzeitsgeschenke) steht dem überlebenden Ehegatten nicht die alleinige Verfügungsgewalt über den Nachlass zu. Daher ist der überlebende Ehegatte stets auf eine Einigung mit den Kindern des Erblassers angewiesen,
- Befindet sich ein Unternehmen im Nachlass, ist dessen Existenz oftmals durch eine auftretende Handlungsunfähigkeit einer Erbengemeinschaft bedroht. Wichtige unternehmerische Entscheidungen können dann nicht oder erst verspätet getroffen werden. Hierdurch wird die Versorgung des überlebenden Ehegatten gefährdet,
- Die Kinder des Erblassers können vom überlebenden Ehegatten jederzeit verlangen, dass der Nachlass geteilt wird. Verfügt der überlebende Ehegatte nicht über genügend Kapital, um die Kinder auszahlen zu können, können diese eine Nachlassteilung erzwingen, was zum Beispiel eine Teilungsversteigerung von im Nachlass befindlichen Immobilien zur Folge haben kann.
Die genannten Nachteile können nur vermieden werden, wenn der Erblasser durch ein Testament oder durch einen Erbvertrag die Erbfolge seines Ehegatten regelt.
Ansprüche des enterbten Ehegatten
Dem enterbten Ehegatten steht ebenso wie dem ausschlagenden Ehegatten der Ausgleich des tatsächlich entstandenen Zugewinns nach § 1371 Abs. 2 BGB zu. Daneben steht dem enterbten Ehegatten der Pflichtteil gem. § 2303 Abs. 2 BGB zu.
Ausschlagung der Erbschaft
Nach dem Anfall der Erbschaft hat der Erbe die freie Entscheidung, ob er die Erbschaft annehmen möchte (dann muss er nichts tun) oder ob er gem. § 1942 BGB die Erbschaft ausschlagen möchte. Die Ausschlagung hat gem. § 1944 BGB innerhalb von sechs Wochen nach Kenntniserlangung zu erfolgen. Durch die Ausschlagung des gesetzlichen oder testamentarischen Erbes wird im Allgemeinen kein Pflichtteilsrecht begründet. Ausnahmen von dieser Vorschrift sind die folgenden Fälle:
- § 1371 Abs. 3 BGB: Ehegatte
- § 2306 Abs. 1 BGB: beschwerter oder beschränkter Erbe
Testament, Erbvertrag und Erbverzicht
Testierfreiheit
§ 1937 BGB bestimmt, dass der Erblasser seinen Erben durch einseitige Verfügung von Todes wegen (letztwillige Verfügung) bestimmen kann. Die beiden Formen einer letztwilligen Verfügung sind das Testament und der Erbvertrag gem. § 1941 BGB. Die Testierfreiheit ist die Freiheit des Erblassers, den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung grundsätzlich selbst zu bestimmen. Die Testierfreiheit des Erblassers ist gem. § 2302 BGB unbeschränkbar. Die Testierfreiheit wird lediglich eingeschränkt durch
- das Pflichtteilsrecht gem. §§ 2303 ff. BGB
- wechselbezügliche Verfügungen von Ehegatten im gemeinschaftlichen Testament gem. §§ 2270 f. BGB
- den Erbvertrag gem. § 2298 BGB
- das Verbot der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB
- das Verbot erbrechtlicher Zuwendungen an Heimmitarbeiter gem. § 14 HeimG
Testierfähigkeit
Die Testierfähigkeit ist die Fähigkeit zur Errichtung eines Testaments und die Fähigkeit zum Abschluss eines Erbvertrages. Die Testierfähigkeit ist in den folgenden Fällen eingeschränkt:
- Der Minderjährige unter 16 Jahren ist testierunfähig gem. § 2229 Abs. 1 BGB
- Der Minderjährige über 16 Jahren ist testierfähig gem. § 2229 Abs. 1 BGB, allerdings gelten bestimmte Formvorschriften
- Ist der Erblasser wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann gem. § 2229 Abs. 4 BGB kein Testament errichten
Testamentsformen
Ein ordentliches Testament kann der Erblasser auf folgende Art und Weise errichten:
- § 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB: eigenhändiges Testament, keine Stellvertretung möglich
- § 2231 Nr. 1, 2232 BGB: öffentliches Testament durch Erklärung des letzten Willens gegenüber einem Notar
- § 2231 Nr. 1, 2232 BGB: öffentliches Testament durch Übergabe einer Schrift an einen Notar mit der Erklärung, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte
In Notsituationen kann der Erblasser ein außerordentliches Testament auch auf folgende Art und Weise errichten:
- § 2249 BGB: Nottestament vor dem Bürgermeister
- § 2250 BGB: Nottestament vor drei Zeugen
- § 2251 BGB: Nottestament auf See
Verwahrung, Registrierung und Eröffnung des Testaments
Nach § 34 Abs. 1 S. 4 BeurkG (Beurkundungsgesetz) soll der Notar veranlassen, dass das Testament in besondere amtliche Verwahrung beim zuständigen Amtsgericht gebracht wird, um es vor Verlust oder Zerstörung zu schützen. Um sicherzustellen, dass das Testament im Erbfall auch Beachtung findet, werden die notariell beurkundeten Testamente in dem von der Bundesnotarkammer gem. § 78c BNotO (Bundesnotarordnung) geführten Zentralen Testamentsregister registriert. Im Sterbefall informiert das Standesamt gem. § 78e BNotO die Bundesnotarkammer über den Sterbefall, woraufhin diese prüft, ob entsprechende Angaben im Zentralen Testamentsregister vorliegen. Wenn dies der Fall ist, benachrichtigt die Bundesnotarkammer die Verwahrstelle des Testaments und das zuständige Nachlassgericht. Sodann wird das Testament vom Nachlassgericht gem. §§ 348 ff. FamFG eröffnet.
Gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament) von Ehegatten
Gem. § 2265 BGB können Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichten. Die Form des eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments ist in § 2267 BGB geregelt. Ein gemeinschaftliches Testament zeichnet sich durch wechselbezügliche Verfügungen aus. Wechselbezügliche Verfügungen sind gem. § 2270 Abs. 1 BGB Verfügungen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen wurde. Liegen solche Verfügungen vor, besteht eine erhöhte Bindungswirkung zugunsten des anderen Ehegatten. Zu Lebzeiten beider Ehegatten kann sich ein Ehegatte gem. §§ 2271 Abs. 1 S. 1 , 2296 Abs. 2 BGB nur durch notariell beurkundete Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten davon lösen. Nach § 2271 Abs. 2 S. 1 HS. 1 BGB erlischt das Recht zum Widerruf mit dem Tode des anderen Ehegatten.
In der Regel setzen sich Ehepartner in einem gemeinschaftlichen Testament gem. § 2269 Abs. 1 BGB gegenseitig zu Alleinerben ein und die Kinder nach dem Tode des Letztversterbenden als Schlusserben (Berliner Testament als Sonderform des gemeinschaftlichen Testaments). Das Berliner Testament hat Vorteile und Nachteile. Ein Vorteil besteht darin, dass das Vermögen erst einmal uneingeschränkt auf den überlebenden Ehegatten übergeht und er die alleinige Entscheidungsfreiheit über die Verwaltung, Nutzung und Veräußerung der Nachlassgegenstände hat. Ein Nachteil besteht darin, dass die Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils Pflichtteilsansprüche geltend machen können. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass der überlebende Ehegatte aufgrund der starken Bindungswirkung nach dem Tod des Ehegatten nicht mehr frei verfügen kann. Daher ist die erbrechtliche Bindung ein zentraler regelungsbedürftiger Punkt bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments.
Erbvertrag
Neben dem Testament (letztwillige Verfügung) ist der Erbvertrag gem. § 1941 Abs. 1 BGB nach deutschem Recht die zweite Möglichkeit, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten. Während testamentarische Anordnungen gem. § 2253 BGB jederzeit frei widerruflich sind, können im Erbvertrag bindende Verfügungen getroffen werden, was auch Sinn und Zweck eines Erbvertrages ist. Der Erblasser kann im Erbvertrag gem. § 1941 Abs. 2 BGB seinen Vertragspartner oder auch eine dritte Person als Erben oder Vermächtnisnehmer bestimmen. Dahingegen braucht der Vertragspartner selbst keine Verfügungen von Todes wegen treffen. Oftmals verpflichtet sich der eingesetzte Erbe aber seinerseits zu einer Leistung gegenüber dem Erblasser, zum Beispiel zur Zahlung einer Leibrente, zur Überlassung einer Wohnung oder zur Übernahme von Pflegekosten, etc. In der Praxis wird der Erbvertrag häufig mit anderen Geschäften verbunden, zum Beispiel mit Grundstücksübertragungen oder mit familienrechtlichen Regelungen, zum Beispiel in einem Ehe- und Erbvertrag.
Erbverzichtsvertrag
Neben dem Testament und dem Erbvertrag kann der Erblasser zu seinen Lebzeiten mit einem Erbverzichtsvertrag die Erbfolge regeln. In einem Erbverzichtsvertrag können Verwandte und der Erblasser des Ehegatten gem. § 2346 Abs. 1 BGB auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Erbverzicht hat gem. § 2346 Abs. 1 S. 2, 2. HS BGB den Ausschluss des Pflichtteilsrechts zur Folge. Praktische Bedeutung hat der Erbverzicht vor allem bei Abfindungsverträgen, wenn sichergestellt werden soll, dass der Abgefundene beim Tod des Erblassers weder als Erbe noch als Pflichtteilsberechtigter an dessen Nachlass beteiligt sein soll.
Vor- und Nacherbschaft
Nach § 2100 BGB kann der Erblasser einen Erben in der Weise einsetzen, dass er erst Erbe (Nacherbe) wird, nachdem zuerst ein anderer Erbe (Vorerbe) geworden ist. Mit dem Eintritt des Nacherbfalls tritt gem. § 2139 BGB die Nacherbschaft ein. Demzufolge sind sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe Erben des Erblassers, aber zeitlich aufeinanderfolgend. Da der Nacherbe nicht Erbe des Vorerben ist, geht auf ihn nur das Vermögen des Erblassers über, nicht aber das Vermögen des Vorerben. In der Hand des Vorerben befinden sich also zwei verschiedene Vermögensmassen: das Vermögen des Erblassers (Nachlass) und das eigene Vermögen des Vorerben. Damit der Nachlass für den Nacherben erhalten bleibt, bestehen für den Vorerben verschiedene Beschränkungen und Verpflichtungen. Die Vor- und Nacherbschaft wird üblicherweise in den folgenden Konstellationen angewendet:
- Ausschaltung von Erben und Pflichtteilsberechtigten des Vorerben (der Erbe und der Pflichtteilsberechtigte des Vorerben erhalten nichts vom Vermögen des Erblassers),
- Schutz des Vorerben vor seinen Gläubigern,
- Sanktion unerwünschten Verhaltens des Erben (der Eintritt der Nacherbfolge kann von einem nicht erwünschten Verhalten des Vorerben abhängig gemacht werden),
- Erhaltung des Familienvermögens
Vermächtnisse und Auflagen
Vermächtnisse
Nach § 1939 BGB kann der Erblasser einem anderen einen Vermögensvorteil zuwenden, ohne ihn als Erben einzusetzen (Vermächtnis). Anders als der Erbe wird der Vermächtnisnehmer nach dem Erbfall nicht kraft Gesetzes unmittelbarer Rechtsnachfolger des Erblassers nach § 1922 Abs. 1 BGB. Vielmehr erhält er nach § 2147 BGB lediglich das Recht, die Leistung des vermachten Gegenstandes vom Beschwerten zu fordern. Gegenstand eines Vermächtnisses kann jeder Vermögensvorteil sein:
- Vermächtnis einer beweglichen oder unbeweglichen Sache,
- Vermächtnis eines Rechts (Nießbrauch, Wohnungsrecht, Leibrente, Gesellschaftsanteil, etc.),
- Vermächtnis eines Sachinbegriffs (Hausrat, Unternehmen, Sammlung, etc.),
- Vermächtnis von Forderungsrechten
Das Vermächtnis muss nicht unentgeltlich sein. Daher kann auch das Recht, eine Sache vollentgeltlich zu erwerben, Gegenstand eines Vermächtnisses sein.
Auflagen
Nach § 1940 BGB kann der Erblasser im Wege der Auflage einen Erben oder Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne dem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden (Auflage). Anders als bei bloßen Wünschen des Erblassers ist die Auflage dennoch rechtlich verbindlich. Eine Leistung kann jedes Tun oder Unterlassen sein:
- Verpflichtung zur Beerdigung,
- Verpflichtung zur Grabpflege,
- Verpflichtung zur Tierpflege,
- Verpflichtung zur Errichtung einer Stiftung
- Verbot eines Grundstücksverkaufs
Verträge unter Lebenden für den Todesfall
Neben einem Testament oder einem Erbvertrag kann der Erblasser auch durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden für den Fall seines Todes Verfügungen treffen. Ob im konkreten Fall ein Rechtsgeschäft unter Lebenden (Schenkung oder Schenkungsversprechen) oder eine Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) vorliegt, hängt von dem Inhalt des Rechtsgeschäfts ab und ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln.
Schenkungen von Todes wegen
Für Schenkungen unter Lebenden gelten die Formvorschriften des § 518 BGB. Nach § 518 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf ein Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung. Ist diese Formvorschrift nicht beachtet worden, wird der Formmangel gem. § 518 Abs. 2 BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung, also durch die Schenkung, geheilt.
Nach § 2301 Abs. 1 S. 1 BGB finden aber die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung, wenn ein Schenkungsversprechen unter der Bedingung erteilt wird, dass der Beschenkte den Schenker überlebt. Denn durch diese Bedingung wird die Voraussetzung geschaffen, die von Gesetzes wegen für Erbeinsetzungen gem. § 1923 Abs. 1 BGB und Vermächtnisse gem. § 2160 BGB gilt. Ein solches Schenkungsversprechen wird also durch § 2301 BGB in eine Verfügung von Todes wegen umgedeutet.
Erfolgt nicht nur das Schenkungsversprechen, sondern auch der Vollzug der Schenkung, zu Lebzeiten des Schenkers, dann bleibt es bei den Vorschriften über die Schenkung unter Lebenden nach § 518 BGB. Denn dann hat der Erblasser bereits zu Lebzeiten eine Vermögensminderung erfahren.
Verträge zugunsten Dritter mit Wirkung für den Todesfall
Nach § 328 Abs. 1 BGB kann ein Vertrag in der Weise abgeschlossen werden, dass ein Dritter aus dem Vertrag unmittelbar das Recht erwirbt, eine Leistung zu fordern (Vertrag zugunsten Dritter). Solche Verträge kommen in verschiedenen Formen vor. Zum Beispiel wird in Lebensversicherungsverträgen häufig ein Dritter bestimmt, dem beim Tod des Versicherten der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme zustehen soll. Auch bei der Anlage eines Sparbuchs oder eines Bausparvertrages kann mit dem Kreditinstitut vereinbart werden, dass ein Dritter nach dem Tod des Sparers das angsparte Kapital erhalten soll. Da § 331 Abs. 1 BGB für die Verträge zugunsten Dritter den Todesfall ausdrücklich erwähnt, ohne auf die Vorschriften für Verfügungen von Todes wegen zu verweisen, geht die Rechtsprechung bei Verträgen zugunsten Dritter von Rechsgeschäften unter Lebenden aus, die nicht der Formvorschriften des § 2301 Abs. 1 S. 1 BGB bedürfen.
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