Mediation versus Gerichtsverfahren
Die juristische Methode
Die juristische Konfliktbearbeitung beginnt mit der Suche nach einer Anspruchsgrundlage, also einer Rechtsgrundlage, die das Begehren zuspricht. Die Anspruchsgrundlage beinhaltet Sachverhaltsvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Um also eine bestimmte Rechtsfolge zu erzielen, muss ein bestimmter Sachverhalt gegeben sein. Die juristische Methode verlangt somit, aus der komplexen Lebenswirklichkeit einen juristischen Sachverhalt zu konstruieren, aus dem sich die gewünschte Rechtsfolge ergibt. Dazu muss der Rechtsanwalt alles weglassen, was nicht zum juristischen Sachverhalt passt und nach Informationen suchen, die für die juristische Argumentation zielführend sind. Dieses Vorgehen wird von Mandanten durchaus als Verfremdung erlebt. Dazu kommt, dass das eigentliche Anliegen der Mandanten oftmals mit der Anspruchsgrundlage wenig zu tun hat. In Ehescheidungsverfahren zeigt sich sehr oft, dass es beim Streit über finanzielle Fragen eigentlich um eine empfundene Ungerechtigkeit aufgrund einseitiger Lastentragung in der Ehe und um Schuldfragen geht, die aber nicht Gegenstand des Verfahrens und auch nicht justiziabel sind.
Das gerichtliche Verfahren
Beim gerichtlichen Verfahren delegieren die Parteien ihren Konflikt an einen Richter, der dem Recht unterworfen ist und der eine Entscheidung trifft. Wie sich aus der juristischen Methode ergibt, ist ein Gerichtsverfahren im Prinzip so angelegt, dass der Richter dem geltend gemachten Anspruch entweder stattgibt oder ihn zurückweist. Daher gibt es hier immer einen Gewinner und einen Verlierer, allenfalls einen Kompromiss auf der geraden Linie zwischen beiden Optionen. Bei Gericht geht es nur um beweisbare Sachverhalte, von denen der Richter überzeugt werden muss. Das Gerichtsurteil beendet zwar den Rechtsstreit, befriedet den Konflikt aber oftmals nicht.
Die Methode der Mediation
Während bei Gericht nur ein gesetzlich geregelter Anspruch eingeklagt werden kann, kann im Mediationsverfahren jede Art von Konflikt zum Thema gemacht werden. Damit bezieht die Mediation alle Interessen der Konfliktparteien in das Verfahren mit ein, was eine umfassendere Konfliktbearbeitung und -lösung ermöglicht.
Das Mediationsverfahren
Während der Richter einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt abschließend zu beurteilen hat, schauen die Parteien im Mediationsverfahren nach vorne. Hier steht nicht die Aufklärung eines Geschehens in der Vergangenheit und die Frage nach der Schuld oder der Verantwortlichkeit im Vordergrund, sondern der Blick in die Zukunft. Anders als das Gerichtsverfahren stellt das Mediationsverfahren ein unbürokratisches und flexibles Verfahren dar, das auf die Bedürfnisse der Parteien abgestimmt werden kann und das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Im Gegensatz zu einem Richter trifft der Mediator keine eigene Entscheidung. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, das Verfahren zu leiten und die Kommunikation zwischen den Medianten herzustellen.
Bei einem erfolgreichen Abschluss des Mediationsverfahrens werden nicht nur weitere finanzielle Konfliktkosten vermieden, wie zum Beispiel ein Streit in zweiter Instanz, sondern auch Konfliktfolgekosten wie zum Beispiel verlorene Lebensqualität, gesundheitliche Folgen, Verlust von Fairness und Respekt, etc.
Das Mediationsverfahren mit Parteivertretern (Ersetzung des Richters durch einen Mediator)
Eine Konfliktpartei kann sich nicht nur vor Gericht, sondern auch im Mediationsverfahren, von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. In dieser Konstellation bleibt das gerichtlich bewährte Setting (Konfliktparteien mit ihren Interessenvertretern und ein unabhängiger Dritter) erhalten. Allerdings wird der streitentscheidende Richter durch einen vermittelnden Mediator ersetzt. Dieses Konfliktlösungsverfahren hat in letzter Zeit sehr an Bedeutung gewonnen.
Die Parteivertreter haben hier nicht die Aufgabe, Schriftsätze bei Gericht einzureichen und den Mandanten in der mündlichen Verhandlung zu vertreten. Sie haben hier vielmehr die Aufgabe, Mediationssitzungen vorzubereiten, ihre Mandanten zu beraten, komplexe Situationen zu strukturieren, rechtliche Optionen zu entwickeln und zu bewerten, ihre Mandanten bei Verhandlungen zu unterstützen sowie Abschlussvereinbarungen zu entwerfen. Die Parteien nehmen die Rolle ihres Rechtsanwalts in der Mediation überwiegend als konstruktiver und zukunftsorientierter wahr als im Gerichtsverfahren, das in der Regel destruktiv und vergangenheitsbezogen erlebt wird. Insofern fühlen sich die Parteien in einem Mediationsverfahren fast immer viel wohler als in einem Gerichtsverfahren.
Die Kosten eines Mediationsverfahrens mit Parteivertretern ist oft günstiger als ein Gerichtsverfahren. Die Parteivertreter erhalten von ihren Mandanten eine Vergütung für ihre außergerichtliche Tätigkeit. Der Mediator erhält eine Vergütung für seine Tätigkeit (in der Regel eine Zeitvergütung), die sich die Medianten in der Regel hälftig teilen. Gerichtskosten fallen nicht an.
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