Anwaltszwang im Ehescheidungsverfahren
Kein Anwaltszwang für Zustimmung zur Ehescheidung
Gem. § 114 Abs. 1 FamFG müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Anwaltszwang dient sowohl dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Rechtspflege als auch dem Schutz der Ehegatten durch eine sachgerechte Vertretung im Hinblick auf die oftmals existentielle Bedeutung einer Ehescheidung. Indessen folgt aus § 138 Abs. 1 S. 1 FamFG, dass der Antragsgegner in einer Scheidungssache nicht anwaltlich vertreten sein muss. Nach § 134 FamFG kann er die Zustimmung zum Scheidungsantrag ohne Rechtsanwalt erklären. Will der Antragsgegner allerdings Verfahrenshandlungen vornehmen, also Anträge stellen oder einen Rechtsmittelverzicht erklären, dann bedarf er der anwaltlichen Vertretung.
Anwaltszwang für Verfahrenshandlungen
Oftmals ist der Antragsgegner in einem Ehescheidungsverfahren aus Kostengründen nicht anwaltlich vertreten. Soll im Interesse des Antragstellers oder zur Arbeitsvereinfachung des Gerichts dennoch für den Antragsgegner eine Verfahrenshandlung abgegeben werden (zum Beispiel zum Abschluss eines Vergleiches oder ein Rechtsmittelverzicht), kommen das Gericht oder Anwaltskollegen nicht selten auf die Idee, einen unbeteiligten Rechtsanwalt vom Flur in die laufende Sitzung hereinzuholen. Der "Fluranwalt" soll dann für den ihm völlig unbekannten Antragsgegner in einer ihm völlig unbekannten Sache unentgeltlich anwaltlich tätig werden.
Diese Praxis ist schon von der menschlichen Seite her fragwürdig, weil der "Fluranwalt" in einer solchen Situation völlig überrumpelt wird und seine Neigung ausgenutzt wird, sich beim Richter und bei Anwaltskollegen nicht unbeliebt zu machen. Auch von der rechtlichen Seite her ist dieses Vorgehen äußerst bedenklich. Denn es widerspricht nicht nur den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege, sondern auch der Vorschrift des § 49 Abs. 1 S. 1 BRAO, wonach die gesetzliche Vergütung durch Vereinbarungen nicht unterschritten werden darf. Es ist nämlich klarzustellen, dass der Rechtsanwalt dem ihm unbekannten Antragsgegner nicht lediglich einen außerrechtlichen Gefallen tut, sondern dass ein Mandatsverhältnis zustande kommt, aufgrund dessen der Rechtsanwalt ihn vor Gericht vertritt und für ihn Prozesserklärungen abgibt. Deshalb steht der Rechtsanwalt auch voll in der Haftung. Soweit das Gericht in das Protokoll diktiert, dass der "Fluranwalt" von der Haftung freigestellt wird, so dürfte diese Haftungsfreistellung unwirksam sein, weil der Rechtsanwalt in dieser Situation noch nicht einmal selbst über den Inhalt des Mandats und die Tragweite seiner Handlung im Bilde ist, geschweige denn die Zeit hat, seinen Mandanten ausreichend darüber zu belehren. Daher dürfte diese Praxis berufsrechtlich nicht zulässig und darüber hinaus verfassungswidrig sein. Aus diesem Grund wird dem Rechtsanwalt dringend davon abgeraten, sich als "Fluranwalt" instrumentalisieren zu lassen, vgl. Kleinwegener, Forum Familienrecht 1/2003, S. 23 f.
Mehr Rechtssicherheit mit anwaltlicher Vertretung
In der Konsequenz hat der Rechtsanwalt für sein Handeln voll zu haften und der Mandant hat die anwaltliche Tätigkeit voll zu vergüten. Deshalb sollte sich jeder Antragsgegner gut überlegen, ob er wirklich aus Kostengründen auf eine eigene anwaltliche Vertretung im Ehescheidungsverfahren verzichten möchte. Da es oft nicht vorhersehbar ist, wie sich ein Scheidungsverfahren entwickeln wird, ist es meist rechtssicherer, einen eigenen Rechtsanwalt von Anfang an an seiner Seite zu haben.
Achtung: Diese Informationen sind der Übersichtlichkeit halber bewusst knapp gehalten. Sie stellen keine verbindliche Rechtsauskunft dar und ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall. Obwohl sie mit größter Sorgfalt erstellt wurden, wird für ihre Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität keine Haftung übernommen.